Mitarbeitenden-Portrait
Antje Pietraszyk

Ich werde heute freundlich in der Außenwohngruppe (AWG) der Borghardt Stiftung von Frau Antje Pietraszyk in Empfang genommen. Zur Begrüßung gibt es gleich leckeren, selbstgebackenen Streuselkuchen. Die 34-jährige Ergotherapeutin ist seit rund 2 Jahren in der Borghardt Stiftung.

Zu Beginn ihrer Berufspraxis war sie in der Frühförderung der Lebenshilfe in Stendal tätig. Ich lerne, dass Kinder mit kognitiven Auffälligkeiten durch eine adäquate Betreuung mit einer Quote von bis zu 80% auf das allgemeine Niveau gelangen können. Nach einer weiteren Station in der Altenpflege eröffnete sich die Möglichkeit, in der Außenwohngruppe der Borghardt Stiftung durchzustarten. Frau Pietraszyk formuliert es so: „In der Altenpflege wird die Ergotherapie dazu eingesetzt das, was noch da ist zu erhalten. Hier in der AWG kann ich erleben und aktiv dazu beitragen, dass unsere Bewohnenden sich weiterentwickeln können. Das Ziel ist ein möglichst selbstbestimmtes Leben und wir unterstützen nur da, wo es wirklich nötig ist.“ Die AWG kann man sich wie eine lebendige Großfamilie vorstellen. 22 Bewohnende im Alter von 22 bis 75 Jahren leben hier fröhlich in 8 Wohnungen miteinander.

Das Team der 8 Mitarbeitenden organisiert das gemeinsame Leben. Tagsüber arbeiten alle entweder in der Borghardt Stiftung, z.B. in der Wäscherei oder in der Küche oder im alten STIMA-Gebäude am Dahrenstedter Weg. Hier wird mit großem Eifer für den Eigenbedarf Gemüse und Obst angebaut. Gewürze, wie Rosmarin, Thymian und Basilikum verfeinern die Gerichte aus der Küche der Borghardt Stiftung. Für den jährlich stattfi ndenden Weihnachtsbazar entstehen hier schöne Exponate aus Holz, Papier, Keramik und vielen anderen Werkstoffen. Der Bazar ist öffentlich und fi ndet auch mehr und mehr Fans in der Stadt und darüber hinaus. Nach der getanen Arbeit startet das Freizeitprogramm, doch zuerst muss noch in der Großfamilie der Haushalt auf Vordermann gebracht werden. Gemeinsam wird Wäsche gewaschen, die Zimmer geputzt und es wird eingekauft. Danach starten die betreuten Freizeitaktivitäten, wie Kinobesuche, Spazierengehen, Badengehen und vieles mehr. An Geburtstagen geht’s dann auch schon mal zum Griechen. Ein Highlight in diesem Monat ist eine gemeinsame Floßfahrt auf der Elbe. Zum Transport hat sich das Team der AWG etwas Besonderes einfallen lassen. Mit einem coolen amerikanischen Schulbus startet der Ausfl ug von der AWG in Richtung Elbe. Frau Pietraszyk sagt: „Es ist hier ein sehr schönes und erfülltes Arbeiten und ich komme mit den anvertrauten Menschen gut zurecht“. Ich frage auch noch nach den Belastungen, die diese Arbeit mit sich bringt und höre, was einhelliger Tenor bei den interviewten Mitarbeitenden der Borghardt Stiftung der letzten Jahre ist: „Ich bekomme soviel von den Bewohnenden zurück. Das erfüllt und gibt Kraft für den Tag.“

Frau Pietraszyk organisiert noch spontan 2 Bewohnende, die darüber berichten wollen, wie sich das Leben in Corona-Zeiten verändert hat. Das Leben mit Corona ist komplizierter geworden. Masken, das regelmäßige Händewäschen und das Abstandhalten zu den Menschen schränkt ein. Die gewohnte Nähe zu den Menschen ist so nicht mehr möglich. Die Bewohnenden sagen es so: „Ich kann nicht mehr bei Netto einkaufen, was ich so gerne mache und ich rauche mehr – aus Langeweile und zur Arbeit darf der öffentliche Bus nicht mehr benutzt werden. Das ist doof.“ Auch hier hatte das AWGTeam wieder eine zündende Idee: Im Wohnbereich wurde ein Zimmer zum Kiosk umgewandelt. Ein Großhändler bestückte den hauseigenen Kiosk und die Bewohnenden konnten nun endlich wieder eigenständig einkaufen. Bewohnende und Mitarbeitende sagen zu Corona unisono: „Hoffentlich ist die Krise bald vorbei und bis dahin halten wir gemeinsam tapfer durch.“